Freitag, 29. Februar 2008

Tautologen aller Länder vereinigt euch!

Konsumismus ist gefährlicher als Kommunismus, so warnte der Apostolische Nuntius in Deutschland Erzbischof Perisset. Klingt auf den ersten Blick sehr gescheit und ich spüre förmlich, wie sich mir der "moralische Zeigefinger" in den Rücken bohrt, wenn ich an meinen letzten Lustkauf eines PC-Spiels denke. Und dann male ich mir verhuschte Dresdner Katholiken aus, die ihre Einkaufswägen mit eingezogenem Kopf durch einen Supermarkt schieben und sich wünschten, der Kommunismus würde sie wieder vor den Gefahren des Konsumismus bewahren.

Ach, die lieben -Ismen! Was sagen sie wirklich aus, das über die einfache Tautologie hinausgeht? (Gemeinschaft/communio ist gut, Kommunismus ist doof; Konsum ist gut, Konsumismus ist doof; Islam ist gut, Islamismus ist doof; ...) Und wie weit trägt der Vergleich zwischen Kommunismus und Konsumismus wirklich - abgesehen von der schönen Alliteration?

Mittwoch, 20. Februar 2008

Endlich: Katholen werden wieder normal!

Unter diesem Titel entlarvt ein Fotowitz der Spiegel-Onlineseite SPAM die wahren Gründe hinter der neuerlichen Zölibatsdebatte (die gar keine ist) - kuckst du hier.


Ein Kalauer zum Thema darf trotz Bart nicht fehlen:
"Findest du nicht auch, dass es Priestern erlaubt sein sollte zu heiraten?" "Klar, wenn sie sich lieben."

Dienstag, 19. Februar 2008

the more catholic the better...


...was für ein Wahlspruch, den sich gloria.tv, das katholische Internetfernsehen mit angeschlossener Videoplattform, da auf die Fahne geschrieben hat! Ganz große Klasse ist ein Video, das inklusive Intro und Abspann in 15 Sekunden erklärt, wozu wir auf Erden sind. Das soll erstmal jemand nachmachen!

P.S.: Worüber ich nicht so gerne nachdenken möchte: wie sich katholisch eigentlich steigern lässt. Ach ja, Frau Kuby hat sich heute auch mal wieder zu Wort gemeldet.

Samstag, 16. Februar 2008

Zölibat, Zollitsch und Zachäus

Der neugewählte Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, packt in seinem Interview mit "Der Spiegel" am 16.2.2008 viele heißen Eisen der Katholiken in Deutschland an. Er rüttelt am Tabu einer kirchlichen Kritik der C-Parteien genauso mutig wie er Probleme mit päpstlich abgesegneten Dokumenten aus Rom beim Namen nennt.

In den Schlagzeilen findet man trotzdem überall das Stichwort "Zölibat". Erzbischof Zollitsch spricht von einer "Revolution", falls der Pflichtzölibat abgeschafft würde. In der Tat: Eine Aufhebung des Pflichtzölibats für katholische Priester wäre mit so vielen Änderungen der kirchlichen Praxis verbunden, dass wirklich "in das innere Leben der gesamten Kirche eingegriffen" (Zollitsch) würde. Nicht, dass der Pfarrer eine Frau liebte, sein Sohn beim Fußballspielen foulte und die Tocher beim Kiffen erwischt würde - das alles taugt weder theologisch noch menschlich als Schlüsselargument. Aber wie könnte die Kirche umgehen mit mit den vielen Priestern, deren Ehen voraussichtlich ebenso scheitern würden wie die der nicht-geweihten Christen? Was tun mit einem Bischof, dem es wie der evangelischen Bischöfin Käßmann ginge?


Das Zerbrechen von katholischen Priester-Ehen ließe sich jedenfalls nicht mehr so einfach vertuschen wie die Tatsache, daß etliche Priester am Zölibat scheitern. Damit meine ich nicht nur diejeningen, die in einer Beziehung leben, sondern ebenso alle, die an ihrer Einsamkeit verzweifeln oder an einer Suchtkrankheit leiden. Im Grunde geht es bei der Zölibatsfrage um das Thema, wie die katholische Kirche mit dem Scheitern von Lebensentwürfen und den betroffenen Menschen umgehen möchte. Denn einen geschiedenen und wiederverheirateten katholischen Priester vom Empfang der Kommunion auszuschließen, hätte zumindest in menschlicher Hinsicht weitreichendere Konsequenzen als beim nicht-geweihten Normal-Katholiken.

Mir fallen dazu immer diese Geschichten vom "Verlorenen" ein, das wiedergefunden wird: Das Schaf wird zurückgeholt, der Sohn umarmt und Zachäus mit einem Besuch beehrt - alles ohne jede Vorleistung. Am Ende wird keiner vom Abendessen ausgeschlossen, sondern ein Festmahl zubereitet.


p.s.: Die optimistische Sicht auf das Thema bei Spiegelnet: "Endlich: Katholen werden wieder normal"

Sonntag, 10. Februar 2008

Würde die Frau in der Kirche...

"Christen müssen überall eine Kultur fördern, die die gleiche Würde der Frau anerkennt, im Recht und in der Wirklichkeit der Fakten", fordert Papst Benedikt XVI. beim Empfang der Teilnehmerinnen des vom päpstlichen Laienrat ausgerichteten Kongresses vom 7. bis 9. Februar 2008 "Frau und Mann – der Mensch in seiner Ganzheit". Eine sehr berechtigte Forderung, die in weiten Teilen der Welt leider noch längst nicht eingelöst ist. Doch wer den moralischen Zeigefinger erhebt, ist manchmal auch nicht weit von der eigenen Nase entfernt. Leider ist das Thema "Frau in der Kirche" schon ein so alter Hut, daß es kaum noch müdes Gähnen hervorlockt. Trotzdem hat dieseTagung ohne Diskussion der Ämterfrage nicht einmal die Qualität einer Farce. Die Diskussion müßte sogar ich zwei Richtungen geführt werden: Die erste ist natürlich die vor 20 Jahren mit Mulieris Dignitatem und erst recht 1994 mit Ordinatio Sacerdotalis endgültig geklärte Tatsache, daß zum Empfang des Weihesakraments zwingend das Mann-Sein erforderlich ist. Dem ist nichts hinzuzufügen, was die Kongressteilnehmerinnen selbstverständlich wissen. Umso wichtiger ist die zweite Diskussionsebene, denn sie zielt auf das Amtsverständnis - ein Thema, das die Ökumene genauso betrifft wie die Frauenfrage. Muß der liturgische Leiter von Gottesdiensten zwangsläufig auch über den finanziellen Haushalt der Gemeinde bestimmen und gleichzeitig Schwerkranke seelsorglich begleiten? Ist der Vorsteher der Eucharistie immer automatisch derjenige, der auch das Wort Gottes am besten auslegen kann? Muß der Heilige Geist fast alle bedeutsamen Charismen inklusive Zölibat in der Person des katholischen Priesters konzentrieren? Mich wundert es nicht, daß kaum noch einer das Selbstbewußtsein besitzt, solches von sich zu behaupten. Für die Frauenfrage ist das Amtsverständnis von erheblicher Bedeutung: Denn solange alle Verantwortung in der Kirche an den (männlichen) Ordo gekoppelt ist, solange sind Frauen von den kirchlichen Machtstrukturen ausgeschlossen. Solange definieren Männer, was das Wesen der Frau ist und worin ihre Würde besteht. Solange ist es um die gleiche Würde der Frau "im Recht und in der Wirklichkeit der Fakten" schlecht bestellt.

Freitag, 1. Februar 2008

Religion im Trend

Ein Riß geht durch Deutschland: die einen lieben die BILD-Zeitung, die anderen hassen sie. Elisbeth Hurth gehört ganz klar zur zweiten Gruppe. Ihre Monografie mit dem vielversprechenden Titel "Religion im Trend oder Inszenierung für die Quote", erschienen im Patmos-Verlag, erweist sich dadurch als Mogelpackung: In der Hauptsache besteht das Buch nämlich darin, dass die Autorin sämtliche Beiträge der BILD aus den vergangenen Jahren akribisch auflistet, die direkt oder auch nur im entferntesten irgendetwas mit Religion oder religions-assoziierten Befindlichkeiten zu tun haben. Um sie und alle, die in irgendeiner Weise involviert sind, in Grund und Boden zu verdammen. Zum Schluß gibt´s noch einen kleinen Rundumschlag gegen sämtliche "Massenmedien": Die vereinnahmen nämlich ganz frech religiöse Funktionen für ihre Marketingstragie namens Emotainment. Und die anscheinend etwas dämlichen Kirchenleute inklusive Papst gehen den verflixt geschickten Medienleuten ständig auf den Leim, indem sie sich von ihnen für diese oberflächliche religiöse Gefühlsduselei vereinnahmen lassen.

Geklammert wird die Schmähkritik von vorne durch eine kurze Präsentation verschiedener religionssoziologischer Modelle, wobei Hurth Paul M. Zulehners Forschungen - verkürzt und undifferenziert referierend - ablehnt und auf Detlef Pollack setzt. Im noch kürzeren Epilog bestätigt sie ihre unterschwellig durchgängig geäußerte Hypothese, dass Massenmedien wie die BILD-Zeitung zwar ein gesellschaftliches Defizit in Sachen Religion kompensieren, indem sie Religion als großes Gefühl inszenieren, daß aber von einem "Megatrend Religion" weder im Sinne einer lebensbestimmenden Macht für den Einzelnen noch als verbindlichem gesellschaftlichem Rahmen die Rede sein kann. Im Gegenteil zeige sich in den Massenmedien gerade der Verlust der Gottesgegenwart. Über diese knappen Passagen kann man immerhin vernünftig diskutieren.


Zwei Gedanken ihres Buches sind bemerkenswert: Sie traut sich, die offensichtliche Tatsache zu formulieren, daß viele Menschen wie selbstverständlich ohne religiöse Bindung leben und die Sinnfrage nicht mehr im Rückgriff auf Religion beantworten. Der kämpferische Atheismus, der sich immerhin noch aktiv mit der Gottesfrage auseinandersetzt, ist einer weit verbreiteten Indifferenz gewichen. Daraus die naheliegende Frage zu formulieren, daß es "empirisch gesehen fragwürdig (ist), Religion als ein Grundbedürfnis des Menschen anzusetzen" - was soviel bedeutet, wie wesentliche Aussagen der theologischen Anthropologie in Frage zu stellen - diesen Mut hatten noch nicht viele. Der zweite gute Gedanke findet sich in einem Nebensatz des Epilogs: Die Massenmedien profitieren von etwas "...das viele heute in der institutionalisierten Religion in Gestalt der christlichen Kirchen vermissen: den erlebnismäßigen Anteil von Religion." Denn: Nicht nur Einsicht und Erkenntnis, auch Erlebnis und Betroffenheit machen den Glaubensvollzug erst möglich. Hier trifft sie sich ungewollt dann doch wieder mit dem ungeliebten Zulehner, der als Ergebnis seiner Forschungen eine Respiritualisierung der Kirchen einfordert. Durch BILD-Bashing wird diese allerdings nicht stattfinden.


Lesen Sie auch: Interview mit Elisabeth Hurth in pro - Christliches Medienmagazin