Mittwoch, 24. September 2008

Gott liebt Blogger

Paulus in Kol 4,2-6:
Lasst nicht nach im Beten; seid dabei wachsam und dankbar! Betet auch für uns, damit Gott uns eine Tür öffnet für das Wort und wir das Geheimnis Christi predigen können, für das ich im Gefängnis bin; betet, dass ich es wieder offenbaren und verkündigen kann, wie es meine Pflicht ist. Seid weise im Umgang mit den Außenstehenden, nutzt die Zeit! Eure Worte seien immer freundlich, doch mit Salz gewürzt; denn ihr müsst jedem in der rechten Weise antworten können.

Karl Kardinal Lehmann zu diesem Text am 24.09.2008:
"Der Herr selbst macht uns also zu Offenbarern, zu „Publizisten": dies sind Leute, die über öffentliche Angelegenheiten schreiben. Das Evangelium ist eine eminent öffentliche Angelegenheit - und nicht die private Anmutung, zu der wir es oft gemacht haben und machen. Gegen diese moderne Häresie steht der Publizist, der Christ ist und sein will, mit Leib und Seele. Amen."

Also weiterbloggen! Und bitte immer gesalzen!

Dienstag, 23. September 2008

PR-taugliches Glaubenszeugnis

Aus zwei aktuellen Anlässen:
Der PR-Preis der DPRG "Kommunikator des Jahres 2008" geht für seine "herausragende persönliche internationale Kommunikationsleistung" an Karl Kardinal Lehmann, dessen persönliches Glaubenszeugnis alle billigen PR-Tricks in die hinterste Ecke verweist. Am 2. Oktober ist er seit 25 Jahren Bischof von Mainz.

(Kleriker-Schmoozing gelernt bei Scipio)

Freitag, 19. September 2008

Zitat des Tages

In ihrer Fernseh-Kolummne hat sich heute Carin Pawlak zu einer herrlichen Formulierung hinreißen lassen, nachdem sich RTL2 gestern Abend unter dem Titel "Grenzenlos geil!" des ach so großen gesellschaftlichen Problems der Sexsucht angenommen hat:


Oh Gott, oh Gott, mögen wir denken. Aber der hat sicher längst weggezappt von der Erde, um den ganzen Irrsinn nicht mehr sehen zu müssen. Andererseits: Wer seine Schöpfung in sieben Tagen hinhudelt, muss sich jetzt auch nicht wundern über so viel Unvollkommenheit. Und Verkommenheit.


Ok, ich weiß, theologisch nicht ganz sauber argumentiert und so, aber angesichts mancher Auswüchse menschlicher Freiheit können einem solche Gedanken in den Sinn kommen.

Außerdem bin ich fest davon überzeugt, dass Gott nicht RTL2 kuckt.

Mittwoch, 17. September 2008

Gedanken aus der Klosterzelle

Als der Klosterbibliothekar von St. Ottilien eben mal seine Festplatte aufräumte, kam dabei eine richtig schöne Website heraus: Kleinodien wie der "Postiv-Denken-Bastelbogen für Tabakwaren" zum Download und der "Denunziantenzettel" sind einzigartig und die Predigten lesenswert. "Anregungen, Gedanken, Gebete, Predigten und Texte, die sich im Laufe von einigen Jahren im Kloster so ... angesammelt haben" von Pater Siegfried Wewers OSB, gefunden bei Elsa.

Montag, 15. September 2008

Betthupferl

... zum Abtanzen



Mittlerweile nicht nur bei Youtube ein "moderner Klassiker".

Sonntag, 14. September 2008

Das Gott-Teilchen

Die kirchliche Reaktion auf die Urknall-Simulation, deren Vorbereitungen am 10. September 2008 im CERN begonnen haben, war eindeutig und für Kritiker des Christentums möglicherweise überraschend:

"Die an diesem Mittwoch bei Genf begonnene Urknall-Simulation mit einem Teilchenbeschleuniger widerspricht nicht der katholischen Lehre. Das betonte der Vorsitzende des Weltverbandes der Wissenschaftler, Antonino Zichichi, gegenüber Radio Vatikan. Zichichi ist Mitglied in Päpstlichen Akademie der Wissenschaften." (rv)


Selbstverständlich widerspricht wissenschaftliche Forschung nicht dem christlichen Glauben. Ein Glauben, der vor dem Verstand nicht bestehen kann, trägt nicht. Und der glaubende Mensch, der "Gott in allen Dingen" sucht, kann dies in einem Higgs-Teilchen genauso gut wie in einem Baum, im Schein einer Kerze oder einem Alltagsereignis. Vom dankbaren Staunen über die Wunder der Schöpfung eines Franziskus bis hin zu den Versuchen eines Teilhard de Chardin, die Ergebnisse der Forschung theologisch zu deuten, gibt es viele Möglichkeiten Natur und Glauben zusammen zu denken.

Die Experimente im CERN wurden schon früher von anderer Seite mit dem Glauben an Gott in Verbindung gebracht: Ein "Gott-Teilchen"
würde dabei gesucht. Ziel der Wissenschaftler ist es, die Existenz eines Elementarteilchens nachweisen, das bisher nur theoretisch errechnet wurde: Das "Higgs-Boson" sei notwendig, um die Materie zusammenzuhalten und wurde deshalb von Journalisten gerne als eine Art Seele des Universums beschrieben.

Offenbar gibt es Menschen, die glauben oder hoffen, Gott experimentell nachweisen zu können - etwa mit Hilfe eines Gott-Teilchens oder der Urknall-Singularität. Oder das Gegenteil: Astrophysiker Stephan Hawking
- zeitlebens auf der Suche nach Gottes Plan - glaubt auf Grund seiner Forschungsergebnisse nicht an Gott: "Die Grundannahme der Wissenschaft ist der wissenschaftliche Determinismus: Die Naturgesetze bestimmen die Entwicklung des Universums, wenn sein Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt gegeben ist. Diese Gesetze können von Gott erlassen worden sein oder nicht, aber er kann nicht eingreifen und die Gesetze brechen, sonst wären es keine Gesetze. Gott bliebe allenfalls die Freiheit, den Anfangszustand des Universums auszuwählen. Aber selbst hier könnten Gesetze herrschen. Dann hätte Gott überhaupt keine Freiheit." (Stephan Hawking in "bild der wissenschaft")

Gerade die Ergebnisse der Kosmologie und der Quantenphysik werfen bei vielen Menschen Fragen auf, die von glaubenden Menschen leider viel zu wenig aufgegriffen werden. In vielen Ausgaben der Zeitschrift "bild der wissenschaft"
wird der christliche Glaube thematisiert und meistens sehr kritisch angefragt. Nicht nur im Zusammenhang mit der Enstehung des Universums: beliebte Themen sind auch die Evolutionstheorie und die Soziobiologie - etwa mit der Frage, welche Funktion die Religion für den Menschen habe.

Bei aller Begeisterung für naturwissenschaftliche Forschung: Wir, die Menschheit, bleiben dabei immer im Rahmen unserer menschlichen Wahrnehmungs- und Erkenntnismöglichkeiten. Wir messen, rechnen, experimentieren und erzielen erstaunliche und großartige Ergebnisse. Doch wir bewegen uns immer nur in unserer begrenzten menschlichen Dimension. Aus eigener Anstrengung zur göttlichen Welt vordringen können wir nicht. Dann wäre diese ja auch nicht mehr göttlich.

Deshalb hat Gott die Initiative ergriffen und ist Mensch geworden, um sich uns zu offenbaren und uns nahe zu sein. Ein Mysterium, dem wir mit unserer Biologie niemals auf den Grund kommen werden und auch nicht müssen. An dieser Stelle findet der Übergang zum Glauben statt, nicht innerhalb der naturwissenschaftlichen Forschung.

Die Bestrebungen, die biblischen Geschichten mit zwanghaft historischen oder naturwissenschaftlichen Erklärungen zu versehen (zuletzt gelesen bei Frank J. Tipler
), können sich als Falle erweisen. Ein Beispiel ist die von Hawkings in seiner Urknalltheorie postulierte Urknall-Singularität. Die wurde sofort von manchen Theologen gerne aufgegriffen und kurzerhand mit "Gott" identifiziert. Inzwischen ist die Singularität längst wieder in der Diskussion. Nach dem "No Boundary - Proposal", in dem das "Instanton" einführt wurde, hat die Astrophysik mindestens noch zwei weiterführende Modelle der Entstehung des Universums entworfen. Und schon ist Schluss mit dem Traum vom Gottesbeweis in der Singularität!

Der christliche Glaube braucht keine naturwissenschaftliche Erklärung für die seine Heilsgeschichte. Keine für die Jungfrauengeburt (schon gar keine abenteuerliche, nach der Jesus ein Mann mit zwei X-Chromosomen war, wie Frank Tipler vorschlägt), keine für die Auferweckung, keine Bücher wie "Und die Bibel hat doch recht", keinen Kreationismus und auch keine Nahtoderfahrungen. Die Heilsgeschichte der Bibel ist keine billige Welterklärungsformel für schlichte Gemüter, die den Naturwissenschaftlern historisch voraus gegangen sind oder ihnen nicht folgen können. Glaubensgeschichte erzählt nicht einfach die messbare Realität, sondern von den tiefen Wahrheiten in den Erfahrungen des Lebens, erzählt von menschlichen Heilserfahrungen in der Geschichte und davon, was dem Leben seinen Grund und Sinn gibt.

Was Menschen brauchen sind nicht wissenschaftliche Beweise für die Sintflut oder eine naturwissenschaftliche Erklärung dafür, wie Petrus über das Wasser laufen konnte. Was wir brauchen sind das Vertrauen eines Noah oder Petrus: ein Vertrauen, das aus der Hoffnung kommt. Und wir brauchen die Liebe, die aus diesem Vertrauen und dieser Hoffnung wächst.


Link-Tipp zum Thema: Urknall-Experiment kann den Glauben nicht erschüttern

Freitag, 5. September 2008

Kuscheln mit dem Roboter

Pleo erobert die Herzen im Sturm. Heute ist der kleine Robosaurier bei uns zu Gast. Er bewegt sich noch ein wenig unbeholfen, aber es wird nur eine Frage der Zeit sein bis ein entsprechendes Software-Update entwickelt und aufgespielt wird. Trotz seiner etwas staksigen Bewegungen ist er unheimlich süß. Eben ein Baby. Das Kindchenschema beherrscht er so perfekt, dass wir ihn sofort ins Herz schließen, uns um ihn kümmern, mit ihm spielen. Das macht richtig Spaß! Selbst wenn er beim Kuscheln auf dem Arm eingeschlafen ist, fällt es schwer ihn abzulegen.

Pleo erinnert mich ein bisschen an Max Kruses "Urmel": Wenn er aus dem Ei schlüpft, kann er noch fast nichts, lernt aber innerhalb von 30 Minuten sehr viel: Seinen Namen, die Stimmen seiner Bezugspersonen, den Raum, in dem er sich bewegt. Nur mit dem Sprechen klappt es noch nicht. Je nach Prägung wird Pleo einen sanften oder lebhaften Charakter entwickeln. Mit seiner künstlichen Intelligenz lernt er, sich auf seine Umgebung einzustellen.

Pleo ist ein Robotic-Konzept, mit dem das Forschungsprojekt LIREC (LIving with Robots and intEractive Companions) untersucht, wie sich soziale Beziehungen zwischen Menschen und Robotern entwickeln können.
Emotional intelligente Roboter, die sensibel auf Menschen reagieren und eine Beziehung zu ihnen eingehen können: so werden die künstlichen Kameraden sein, die uns im Alltag der Zukunft unterstützen werden. Ich sehe sie schon vor mir: gut gelaunte Polizisten, zuvorkommende Altenpfleger und -pflegerinnen (Privatzahler bestellen sich eine besonders hübsche Sonderanfertigung, die anderen bekommen den durchschnittlichen Kassentypus), Haustiere für Vereinsamte, Babys für Kinderlose und für mich bitte einen Haushaltsroboter, der auch einkaufen geht und Fußballschuhe putzt.

Kulturpessimisten finden das pervers. Kann man für eine künstliche Lebensform echte Gefühle entwickeln? Kann es Liebe zwischen Mensch und Roboter geben? Ist die Entwicklung empathischer Roboter nicht ein besonders perfider Trick einer unsolidarischen Gesellschaft, ihre sozialen Aufgaben an die Technik zu delegieren?

Die netten Robots werden kommen. Nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung des Alltagslebens. Wie damals der Buchdruck, die Computer und die Organtransplantation. Die Gefühle der Menschen werden echt sein, die der Roboter zunächst wahrscheinlich nicht. Noch erkennt man die Maschine in Pleo ganz gut. Das wird sich ändern. Spätestens dann, wenn auch biochemische Prozesse in der Maschine ablaufen können. Vielleicht müssen wir irgendwann unser Verständnis von Person-Sein überdenken - wenn die wahrnehmbaren Unterschiede zwischen Mensch und Roboter kleiner werden.


Was bleibt: Der Mensch schafft den Roboter nach seinem Bild, während er selbst nach Gottes Abbild geschaffen ist. Mit dieser Gewissheit im Rücken können wir auch den Schattenseiten, die vielen technischen Neuerungen zu eigen sind, begegnen: Roboter, die als Soldaten eines reichen Landes gegen Menschen eines armen Landes kämpfen. Oder dass Menschen noch weniger aufgefordert sind ihre Liebesfähigkeit zu entwickeln.

Die entscheidende Frage ist nicht die, wie Menschen mit Robotern umgehen, sondern immer diesselbe: wie Menschen mit Menschen umgehen.